Begriffserklärungen

Das Aufkommen von Big Data in der Tierhaltung bezieht sich zunächst auf die Präzisionstierhaltung und -bewirtschaftung durch Sensortechnologien, die das Internet der Dinge nutzen und eine verbesserte Überwachung der Tierbestände ermöglichen. Auf der Ebene der Tierhaltungsbetriebe kann die Integration von Sensortechnologie, einschließlich Sensoren am Tier, Umweltüberwachungsgeräte und Fernerkundung, die Tierhaltung von einem rein reaktiven, traditionellen, wissensbasierten Ansatz hin zu einem proaktiven, datengesteuerten Entscheidungsprozess verändern (z.B. das Projekt Internet of Livestock, IoL). Durch die Nutzung von Sensordaten können logistische Herausforderungen bewältigt und Entscheidungsprozesse im Ressourcenmanagement effizienter gestaltet werden. Einige Datensysteme enthalten Warnhinweise (über ein Ampelsystem) und signalisieren in Echtzeit Handlungsbedarf (z.B. wenn ein Grenzwert im Stall überschritten wird). Ein weiterer Mehrwert wird in der Auswertung von aggregierten Daten gesehen, etwa im Qualitätsmanagement. Allerdings müssen hier neue Wege gefunden werden, um die Verknüpfung von Daten und kompatiblen Schnittstellen zu forcieren.

Blockchain ist eine dezentrale, verteilte Datenbank-Technologie, die Transaktionen in Form von Blöcken speichert und mithilfe von kryptographischen Verfahren miteinander verknüpft. Jeder Block enthält eine Liste von Transaktionen sowie einen Hash-Wert des vorherigen Blocks, was die Integrität der gesamten Kette gewährleistet. Diese Technologie ermöglicht es, Transaktionen sicher und transparent zu verfolgen, ohne dass eine zentrale Instanz zur Überwachung erforderlich ist. Blockchain wird häufig im Zusammenhang mit Kryptowährungen wie Bitcoin verwendet, hat aber auch Anwendungen in verschiedenen anderen Bereichen wie Supply Chain Management, Gesundheitswesen und Finanzdienstleistungen.

Aufgrund der überwiegenden Haltung von Schweinen in geschlossenen, zwangsbelüfteten Ställen beschränkt sich der Einsatz digitaler Technologien auf die Steuerung und Überwachung des Stallklimas und der Fütterung mit Hilfe einzelner Sensoren. Einzeltierbezogene Sensorsysteme sind in der praktischen Schweinehaltung nur vereinzelt zu finden, wie z. B. RFID-Transponder zur Einzeltiererkennung an Fütterungsautomaten (v. a. Sauen) oder Wiege- und Sortiereinrichtungen. Eine wichtige Grundlagentechnologie für Einzeltier-bezogene Sensorsysteme stellt damit die eETK mittels RFID-Transponder dar. Im Unterschied zu Rindern können Tiersensoren bei Schweinen in der Praxis aufgrund ihrer Anatomie und Verhaltensweisen nahezu ausschließlich am Ohr befestigt werden. Der Großteil digitaler Tiermonitoringsysteme umfasst Umgebungssensoren, die aber häufig noch keine zuverlässige Marktreife besitzen.

DLT steht für „Distributed Ledger Technology“ (verteilte Hauptbuchtechnologie). Es handelt sich um eine digitale Technologie, die es ermöglicht, Daten in einem dezentralen und transparenten Netzwerk zu speichern und zu verwalten. DLT wird häufig mit Blockchain-Technologie assoziiert, ist jedoch ein breiterer Begriff, der verschiedene Arten von verteilten Hauptbüchern umfasst.

Hauptmerkmale von DLT:

  1. Dezentralisierung: Im Gegensatz zu traditionellen zentralen Datenbanken, die von einer einzelnen Entität kontrolliert werden, wird bei DLT das Hauptbuch über ein Netzwerk von Knoten (Computern) verteilt. Jeder Knoten hat eine Kopie des gesamten Hauptbuchs oder eines Teils davon.
  2. Transparenz: Alle Transaktionen sind für alle Teilnehmer im Netzwerk sichtbar, was Vertrauen und Nachvollziehbarkeit fördert.
  3. Unveränderlichkeit: Einmal in das Hauptbuch eingetragene Daten können nicht ohne Zustimmung der Mehrheit der Teilnehmer geändert oder gelöscht werden. Dies erhöht die Sicherheit und Integrität der Informationen.
  4. Konsensmechanismen: Um sicherzustellen, dass alle Knoten im Netzwerk übereinstimmen, wie Transaktionen validiert werden, verwenden DLT-Systeme verschiedene Konsensmechanismen (z.B. Proof of Work, Proof of Stake).

Anwendungsbereiche von DLT:

  • Finanzdienstleistungen: Überweisungen, Zahlungen und Handel können effizienter und kostengünstiger gestaltet werden.
  • Lieferkettenmanagement: Verfolgung von Produkten und Materialien in Echtzeit zur Verbesserung der Transparenz und Effizienz.
  • Identitätsmanagement: Sicheres Speichern und Verwalten von Identitätsdaten.
  • Smart Contracts: Automatisierte Verträge, die auf bestimmten Bedingungen basieren und selbstständig ausgeführt werden können.

Das Experimentierfeld DigiSchwein ist ein Projekt in Deutschland, das sich mit der Digitalisierung in der Schweinehaltung beschäftigt. Ziel des Projekts ist es, innovative Technologien und digitale Lösungen zu entwickeln und zu erproben, um die Effizienz, Tiergesundheit und Nachhaltigkeit in der Schweineproduktion zu verbessern.

Im Rahmen von DigiSchwein werden verschiedene Aspekte der Schweinehaltung untersucht, darunter:

  1. Datenerfassung: Einsatz von Sensoren und digitalen Tools zur Erfassung von Daten über die Tiere, ihre Gesundheit, Futteraufnahme und das Stallklima.

  2. Automatisierung: Entwicklung von automatisierten Systemen für Fütterung, Tierbeobachtung und Stallmanagement.

  3. Tierwohl: Verbesserung des Tierwohls durch den Einsatz digitaler Technologien, die eine bessere Überwachung und Pflege der Tiere ermöglichen.

  4. Nachhaltigkeit: Untersuchung von Möglichkeiten zur Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und der Umweltauswirkungen der Schweinehaltung durch digitale Ansätze.

Das Klimabrett im Schweinestall wurde im Projekt DigiSchwein entwickelt. Es ist ein Multisensor-Gerät. Es enthält Messgeräte für das Stallklima (Ammoniak, CO2, Luftfeuchtigkeit), für den Wasserdurchfluss und für die Lichtstärle (lux). Es dient dazu, das Klima im Stall zu regulieren und zu optimieren und in Kombination mit Video- oder Schlachtdaten als multimodaler Datensatz weitere Analysen zu ermöglichen.

Aus einer Vielzahl von Sensoren werden die Daten mit autonomen Systemen verbunden, um Landwirt/-innen die Entscheidungsfindung abzunehmen. Diese Option für die Zukunft bietet die Möglichkeit der digitale Repräsentation von Tieren (z.B. digitale Zwillinge), und die Einbindung künstlicher Intelligenz in die landwirtschaftlichen Unternehmen. Mit der umfangreichen Auswertung von Daten mit Hilfe der künstlichen Intelligenz können Kundenwünsche besser eruiert werden oder ein schnelles Feedback zu geben und die logistische Prozesskette in Echtzeit nachverfolgen zu können. In wissenschaftlicher Literatur ist die englische Abkürzung von KI als Artificial Intelligence (AI) üblich.

Das Kupieren des Schwanzes, auch als Schwanzkupieren bezeichnet, ist ein Verfahren in der Landwirtschaft, insbesondere in der Schweinehaltung, bei dem den Tieren ein Teil ihres Schwanzes chirurgisch entfernt wird. Diese Praxis wird häufig durchgeführt, um das Risiko von Schwanzbeißen zu verringern, da kürzere Schwänze weniger anfällig für Verletzungen durch andere Tiere sind.

Maschinelles Lernen (ML) wird in der Schweinehaltung hauptsächlich zur Verbesserung des Tierwohls und der Zucht eingesetzt. Beispiele sind:

  1. Tierwohlüberwachung: ML-Modelle analysieren Daten von Sensoren und Kameras, um das Verhalten und die Gesundheit der Schweine zu überwachen. Dies hilft, frühzeitig auf mögliche Probleme wie Krankheiten oder Stress zu reagieren.
  2. Prognose von Tierwohlrisiken: ML-Algorithmen können Daten wie Gewicht und Gesundheitsindikatoren nutzen, um Risiken für das Tierwohl zu prognostizieren und Maßnahmen zur Verbesserung zu empfehlen.
  3. Optimierung der Schlachtkörperausbeute: KI-Modelle berechnen die Verteilung der wertvollen Fleischstücke im Schlachtkörper, was die Zuchtprogramme verbessert und die Schweinegenetik an Marktanforderungen anpasst.

Diese Technologien tragen dazu bei, die Effizienz und Nachhaltigkeit in der Schweinehaltung zu steigern. Allerdings benötigt maschinelles Lernen einen großen Datensatz, um ausreichend Qualität zu bieten. Für ein Modellprojekt zur Optimierung von Schlachtkörperausbeute waren 60.000 Tiere erforderlich, damit eine automatisierte Datenerkennung durch maschinelles Lernen erfolgen konnte.   

Das Oldenburger Münsterland ist eine Region im Nordwesten Deutschlands, die hauptsächlich im Bundesland Niedersachsen liegt. Es umfasst die Landkreise Cloppenburg und Vechta. Die Region zeichnet sich durch ihre ländliche Struktur, landwirtschaftliche Prägung und idyllische Landschaft aus. 

Unter Precision Livestock Farming (PLF) wird das Echtzeit-Management von Nutztierbeständen auf Grundlage einer kontinuierlichen, automatisierten Datenerfassung im Stall verstanden. Um Daten zu Parametern der gehaltenen Tiere (z. B. bezogen auf Leistung, Gesundheit und Wohlbefinden), ihrer Umwelt (z. B. Stallklima) sowie der darin betriebenen technischen Anlagen (z. B. Fütterung, Tränke, Lüftung) automatisiert erheben zu können, sind Sensorsysteme unterschiedlichen Messprinzips erforderlich (z. B. Klima- und Durchflusssensoren, Kameras und Mikrofone). Die mittels Sensorsystemen erfassten Daten können nach Anwendungsfallbezogener Verarbeitung und Auswertung dem Tierhalter aufbereitet als Grundlage für anstehende Managemententscheidungen dienen.

RFID steht für „Radio Frequency Identification“ (Radiofrequenz-Identifikation). Es handelt sich um eine Technologie, die zur automatischen Identifizierung und Verfolgung von Objekten, Tieren oder Personen verwendet wird. RFID-Systeme bestehen typischerweise aus drei Hauptkomponenten:

  1. RFID-Tag: Ein kleines Gerät, das an dem zu identifizierenden Objekt angebracht ist. Der Tag enthält einen Mikrochip zur Speicherung von Informationen und eine Antenne zur Kommunikation mit dem Lesegerät. RFID-Tags können passiv (ohne eigene Stromquelle) oder aktiv (mit eigener Stromquelle) sein.
  2. RFID-Lesegerät: Ein Gerät, das die von den RFID-Tags ausgesendeten Signale empfängt und die gespeicherten Informationen ausliest. Das Lesegerät sendet ein Radiosignal aus, das den Tag aktiviert und die Daten überträgt.
  3. Datenbank oder Software: Die gesammelten Informationen werden in einer Datenbank gespeichert und können durch spezielle Software verarbeitet werden, um Analysen durchzuführen oder Berichte zu erstellen.

Anwendungsbereiche von RFID:

  • Logistik und Supply Chain Management: Verfolgung von Warenbewegungen und Beständen.
  • Tieridentifikation: In der Landwirtschaft wird RFID häufig verwendet, um Tiere zu kennzeichnen und ihre Bewegungen sowie Gesundheitsdaten zu überwachen.
  • Zugangskontrolle: Verwendung in Sicherheitssystemen, z.B. für Zutrittskarten.
  • Einzelhandel: Verbesserung des Bestandsmanagements und der Diebstahlsicherung.

Die Vorteile von RFID-Technologie umfassen eine schnellere Identifizierung, geringeren manuellen Aufwand und die Möglichkeit, mehrere Tags gleichzeitig auszulesen.

Schwanzbeißen ist ein Verhaltensproblem, das häufig in der Schweinehaltung auftritt. Es beschreibt das Verhalten von Schweinen, bei dem sie anderen Schweinen in der Gruppe in den Schwanz beißen. Dieses Verhalten kann aus verschiedenen Gründen auftreten, darunter Stress, Langeweile, Managementfehler, unzureichende Beschäftigungsmöglichkeiten oder unzureichende Umweltbedingungen.

Schwanzbeißen kann zu Verletzungen und Schmerzen bei den betroffenen Tieren führen und hat auch wirtschaftliche Auswirkungen auf die Tierhaltung, da verletzte Tiere oft behandelt werden müssen oder im schlimmsten Fall getötet werden müssen. Um Schwanzbeißen zu verhindern, setzen viele Betriebe auf Maßnahmen wie verbesserte Haltungsbedingungen, ausreichende Beschäftigungsmöglichkeiten (z.B. Spielzeug oder Futterverstecke) und angepasstes Management. In einigen Ländern ist es zudem gesetzlich vorgeschrieben, dass Schweinehalter Maßnahmen zur Vermeidung von Schwanzbeißen ergreifen.

Self Sovereign Identity (SSI) bezieht sich auf das Konzept, dass Individuen die volle Kontrolle über ihre eigenen Identitätsdaten haben sollten, ohne auf zentrale Behörden oder Organisationen angewiesen zu sein. SSI basiert auf der Idee, dass jeder Mensch das Recht hat, seine Identität zu besitzen, zu verwalten und zu kontrollieren, ohne von Dritten abhängig zu sein. Durch die Verwendung von dezentralen Technologien wie Blockchain können Identitäten sicher und privat verwaltet werden, während gleichzeitig die Möglichkeit besteht, selektiv Informationen freizugeben, wenn es erforderlich ist.

In der Schweinehaltung bezieht sich der Begriff „vor- und nachgelagerter Bereich“ auf die verschiedenen Phasen und Prozesse, die mit der Aufzucht und Vermarktung von Schweinen verbunden sind.

Vorgelagerter Bereich:
Dieser Bereich umfasst alle Aktivitäten, die vor der eigentlichen Haltung der Schweine stattfinden.

Dazu gehören:
Zucht: Auswahl und Züchtung von Schweinen, um bestimmte Eigenschaften zu fördern (z.B. Wachstum, Gesundheit, Fleischqualität).
Futterproduktion: Anbau und Ernte von Futtermitteln, die für die Schweinehaltung benötigt werden.
Tiergesundheit: Maßnahmen zur Sicherstellung der Gesundheit der Zuchttiere, einschließlich Impfungen und Gesundheitskontrollen.

Nachgelagerter Bereich:
Dieser Bereich bezieht sich auf alle Aktivitäten, die nach der Aufzucht und Haltung der Schweine stattfinden.

Dazu gehören:
Schlachtung: Der Prozess, bei dem die Tiere geschlachtet werden.
Verarbeitung: Die Umwandlung des Fleisches in verschiedene Produkte (z.B. Wurstwaren, Schinken).
Vermarktung: Der Verkauf der Fleischprodukte an Einzelhändler oder direkt an Verbraucher.

Zusammengefasst umfasst der vorgelagerte Bereich alles, was mit der Vorbereitung und Aufzucht von Schweinen zu tun hat, während der nachgelagerte Bereich sich mit den Prozessen nach der Haltung beschäftigt, einschließlich Schlachtung und Vermarktung.

Die Wertschöpfungskette Schwein umfasst alle Schritte und Prozesse, die von der Produktion bis zum Verkauf von Schweinefleisch beteiligt sind. Dazu gehören unter anderem die Zucht und Aufzucht der Schweine, die Fütterung, Haltung und Gesundheitsvorsorge, der Transport zu Schlachthöfen, die Schlachtung, die Weiterverarbeitung zu verschiedenen Fleischprodukten, die Verpackung, der Vertrieb und schließlich der Verkauf an den Endverbraucher. Jeder Schritt in dieser Kette trägt zur Wertschöpfung bei und beeinflusst letztendlich den Preis und die Qualität des Schweinefleisches